Das Bewerbungs-Rendezvous
Eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch ist wie eine Verabredung zum ersten Rendezvous. Die Allermeisten von uns haben wenig Erfahrung mit der Vorbereitung von Bewerbungsgesprächen. Aber an das erste Rendezvous und den ersten Kuss erinnern wir uns bis ins Detail - auch wenn es schon lange zurück liegt und auch wenn wir unzählige Male versucht haben, diese Momente zu vergessen.
Was können wir aus dieser prägenden Erinnerung ableiten und für ein heutiges Job-Interview verwenden? Kleidung klug auswählen und vorher checken ist klar. Pünktlich ankommen ist ebenfalls logisch: genau 8 Minuten vorher. Zu spät kommen ist tragisch. Auch klar. Den ersten Eindruck perfekt hinbekommen? Ja, da wird es schwieriger und das Detail entscheidet Vieles: die richtigen Schuhe, die richtige Uhr, die Farbe der Krawatte, die Höhe der Absätze, die Farbe der Fingernägel, die richtige Frisur, 2 oder 3 zusätzliche Kopien des Lebenslaufs in der Tasche,... Die typischen Fragen im Bewerbungsgespräch schon einmal durchdenken. Auch selbstverständlich.
Nicht so hastig! Es gibt einen normalen Ablauf: der erste Kuss kommt wahrscheinlich erst am Ende des Rendezvous. Die Gehaltsverhandlung gehört genau so ans Ende des Interviews. Sie ist erst dann im Raum wenn das Unternehmen erste Botschaften aussendet, dass es Sie mag. Nicht so ehrlich! Lieber etwas geheimnisvoll bleiben. Und nicht alle Ihre Geheimnisse sind es wert, sofort erzählt zu werden. Ihre kleinen Defizite im Job gehören nicht ins Programm. Sie haben im ersten Date wahrscheinlich auch nicht erzählt, dass Sie gelegentlich schnarchen. Nicht so neutral, so blass! Sie haben die Einladung zum Job-Rendezvous bekommen, weil Ihr Lebenslauf Sie durch die Tür buxiert hat, weil Sie wahrscheinlich fachlich mit bringen, was gesucht ist. Jetzt geht es darum, ob Sie gemocht werden, ob die Chemie zwischen Ihnen und dem Unternehmen stimmt. Und Chemie ist ein Geschäft der Gegenseitigkeit: Wenn Sie ihn mögen mag er Sie ebenfalls. Und umgekehrt. Das ist nicht anders in der Bewerbung. Machen Sie Ihrem Gesprächspartner klar, dass Sie ihn oder sie mögen. Besonders gegen Ende oder mit der „Danke-für-den-netten-Abend-E-Mail“. Tun Sie viel dafür, dass Sie im Bewerbungsgespräch gemocht werden. Lächeln, nicken, in die Augen schauen, mitdenken, zuhören, anerkennen, sehr aufmerksam sein,....
Bleiben Sie Sie selbst! Versuchen Sie nie, eine andere Person zu sein. Das geht immer daneben. Sie sind selbstverständlich perfekt vorbereitet, haben die 100 Fragen beim Vorstellungsgespräch gelesen und auf die 10 besten Fragen im Bewerbungsgespräch reduziert. Haben alle Tipps und Tricks für das Bewerbungsgespräch verstanden. Wissen, wie Sie mehr Gehalt fordern können und wie Sie den Gehaltspoker gewinnen werden.
Für den Interviewenden ist nichts interessanter als ein Bewerber, der tiefer informiert ist, als all die weniger informierten Anderen. Jemand, der das Geschäftsmodell hinterfragen kann, der den Markt genau und besser kennt, der von außen hinter die Dinge schauen kann.
Und der Interviewende wird zu 99% am Ende die Frage stellen, ob Sie Fragen haben. Sie haben hunderte, aber Sie stellen nur die, die Ihr Gegenüber gut aussehen lassen, die ihn oder sie in Lage versetzen, bei Ihnen zu punkten. Sie wollen, dass der oder die Interviewende Sie mag.
Obwohl die Zielsetzungen sehr unterschiedlich sind, haben das erste Rendezvous und das Bewerbungsgespräch eines gemeinsam: in beiden Fällen versucht eine Person eine andere zu beindrucken. Weil das so ungewohnt aber doch so wichtig ist, kann die Einladung zu einem Bewerbungsgespräch so bedrohlich, so entmutigend wahrgenommen werden. Auch wenn diese Gedanken und Hinweise nur eine erste Einordnung gestatten, so hoffen wir sehr, dass Sie aus den Parallelen zwischen beiden Begegnungen Ihren Leitfaden für das Bewerbungsgespräch finden.
Und falls aus dem zweiten Date ein Assessmentcenter wird, denken Sie bitte an die Speed Dating Regel: Die anderen sind auch gut vorbereitet. Sei müssen deshalb noch besser vorbereitet sein! Ihre Mitbewerber haben ebenfalls Assessment Center Übungen und Aufgaben gelernt, kennen die gängigen Postkorbübungen und haben eine wirksame Selbst-Präsentation geübt. Sie aber haben zusätzlich einen Assessment Center Coach. Sie wissen deshalb, wie Sie sich durchsetzen und wie Sie in Konflikten die Erwartungen der Assessment Center Beobachter erfüllen.