LEBENSLAUF | Mysterium des Erfolges
Fällt es Ihnen leicht, Ihren Lebenslauf zu schreiben und etwas über sich selbst zu erzählen? Wenn ja, können Sie sich beglückwünschen. Allerdings gehören Sie dann zu einer beneidenswerten Minderheit. Denn den meisten Menschen fällt es immer noch sehr schwer, sich selbst ins rechte Licht zu rücken.
Viele Menschen haben Probleme damit, sich in Ihrem Lebenslauf positiv darzustellen und bleiben lieber oberflächlich, zurückhaltend und bescheiden. Oft liegt das daran, dass sie selbst nicht klar erkennen bzw. anerkennen, welchen Anteil sie durch ihre Leistung an bestimmten Erfolgen haben. Sie entwickeln keinen Stolz auf das, was sie geleistet haben, sondern schreiben es glücklichen Umständen oder Zufällen zu, dass sie so weit gekommen sind. Dass der Erfolg in ihrer Arbeit und ihren Qualitäten begründet liegt, trauen sie sich kaum einzugestehen. Manchmal ist es Ihnen auch systematisch abtrainiert worden.
Keine falsche Bescheidenheit! Finden Sie heraus, was Sie können, und schreiben Sie, was der Leser des Lebenslaufes davon für einen Nutzen haben könnte! Das Schreiben ist dem Reden zwar sehr verwandt, hat aber einen signifikanten Unterschied, die Löschtaste! Gesagt ist gesagt! Geschriebenes kann korrigiert werden, bevor es verschickt wird. Wenn Sie sich in einer Unterhaltung spontan einer anderen Person mit Ihrem Leben vorstellen müssen, dann passiert manchmal etwas Besonderes: Aus dem Stegreif erzählen Sie eine spannende und unterhaltsame Geschichte. Die Stegreifrede ist die höchste Stufe der Rhetorik, weil sie ohne jede Vorbereitung, aus dem Augenblick heraus gehalten werden muss. Entscheidend ist, dass Sie, sobald Sie das Wort ergreifen, möglichst schnell einen Redeeinstieg finden. So findet Ihr Körper gar keine Zeit, Adrenalin zu produzieren, das bei längerem Überlegen zur Blockade im Gehirn führt. Sobald Sie dann einmal am Reden sind, werden Sie merken, wie Ihnen die Ideen und Einfälle nur so zufliegen. 1805 schrieb Heinrich von Kleist über dieses Phänomen einen bis heute viel beachteten Essay mit dem Titel "Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden".
Seine These: Beim Sprechen kommen uns die Gedanken irgendwie automatisch, so wie der Appetit beim Essen. Wenn wir mit dem Aussprechen des Gedankens "nur dreist den Anfang machen", so der Dichter, präge unser Gemüt im Alleingang die vorher noch "verworenen Vorstellungen zur völligen Deutlichkeit aus". Der einmal angefangene Satz will zu Ende gesprochen werden. Ohne die Eigendynamik der Sprache kämen die Gedanken gar nicht auf Trab. Und so manch großer Redner habe "in dem Augenblick, da er den Mund aufmachte" noch nicht gewusst, was er kurz darauf sagen würde. Mit diesem Seitenblick auf das Reden wird dem Schreiber eines Lebenslaufes hoffentlich deutlich, wie eintönig, farblos und fade die „Standardversion" vieler Lebensläufe ist. Wer auch immer die nächste größere Herausforderung bei einem anderen Arbeitgeber anpeilt, sollte von sich selbst, seine Kenntnissen und seinen Werten durch und durch überzeugt sein. Aus Jahren der Zusammenarbeit mit Arbeitgebern und Job-Suchenden ist für mich sehr deutlich geworden, was Unternehmen und Kandidaten klicken lässt: das Versprechen einer profitablen Arbeitsbeziehung.
Es gibt nur eine Regel für einen wirklich wirksamen Lebenslauf, und eigentlich keine weitere: Sie müssen der Führungskraft, für die Sie arbeiten möchten, beweisen, dass Sie die Aufgabe, die sie getan haben möchte, beherrschen und zwar profitabel beherrschen. Dies ist die wichtigste Regel, die ein Headhunter beachtet, wenn er einen Kandi-daten für ein Interview vorbereitet. Dabei wird deutlich, dass ein guter Lebenslauf zwangsläufig die Regieanweisung für ein gelungenes Interview ist.
Gehen Sie niemals in ein Interview ohne die Absicht und die Gewissheit, es zu kontrollieren. Der Manager, der Sie interviewt, möchte nur eins von Ihnen: er möchte, dass Sie sein Problem lösen. Um dies zu tun, müssen Sie das Interview und damit das Problem kontrollieren. Dass können sich jedoch nicht, wenn Sie (oft belanglose!) Fragen beantworten. Das können Sie nur, wenn sie Ihre Kompetenz und Ihren Willen zeigen, das Problem zu lösen. Achten Sie dabei auf Glaubwürdigkeit.
Wenn man andere von den eigenen Fähigkeiten überzeugen möchte, ist man schnell geneigt, in eine bestimmte Rolle zu schlüpfen, um der Umwelt die verlangten Eigenschaften vorzuspielen. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Doch kann niemand wirklich glaubhaft über lange Zeit hinweg eine bestimmte Rolle einnehmen, wenn diese eine dauerhafte Verbiegung der eigenen Person abverlangt. Zumindest kostet ein solches Theater extrem viel Kraft; Energie, die dann an anderer Stelle wieder fehlt - was dann nicht selten wiederum durch Vortäuchung falscher Tatsachen übertüncht wird.
Der Erwartungsdruck im Beruf ist immer hoch, und natürlich ist man bestrebt, es den anderen recht zu machen, um dadurch die eigenen Ziele zu erreichen.
Gute Selbst-Darstellung setzt auf Kontinuität und auf Menschen, die Profil zeigen, die auch bei Gegenwind noch standhaft und sich selbst treu bleiben. Letztendlich sind es doch immer die starken Charaktere, die sich durchsetzen und nicht diejenigen, die ihr Fähnchen nach dem Wind hängen. Es macht eben doch einen Unterschied, ob jemand tatsächlich überzeugt und begeistert ist und an sich glaubt oder ob da mehr Schein als Sein ist.
Das Vertrauen in eine Person wächst mit seiner Authentizität, während mangelnde Echtheit immer Zweifel weckt und Misstrauen schürt. Und spätestens was eine positive Ausstrahlung angeht, ist die authentische Person der unechten grundsätzlich weit überlegen. Alles Gekünstelte, Affektierte, Gewollte und Erzwungene ist mit einer durchweg positiven Ausstrahlungskraft einfach nicht vereinbar.