KARRIERE | Die drei großen Hindernisse

von Carmen Abraham

Erfolg will jeder, und bitte viel davon! Fragt sich nur, wie? Der nach Erfolg Suchende weiß bereits intuitiv, dass persönliche Anstrengung irgendwie dazugehört. Aber was heißt das?

  • Wer meint, das aktuelle Projekt vor Augen braucht mehr Aufmerksamkeit als Karriereziele in der Zukunft, liegt falsch. Er unterliegt der Zeitillusion.

  • Wer sich allzu leicht ablenken lässt von notwendiger Selbstreflektion und strategischen Gedankengängen, hat die Nachdenkbremse angezogen.

  • Wer überzeugt ist, strategisch zu handeln, sich aber im Operativen verliert, steckt in der Selbstwahrnehmungslücke.

Der Wert einer regelmäßigen und soliden Standortbestimmung für die persönliche Karriere mag hinlänglich bekannt sein. Wer nicht weiß, wo er sich befindet, kommt nirgendwo an. Hilfe suchen bei den unzähligen Ratgebern oder in einschlägiger Management-Literatur hat dabei die wenigsten weitergebracht. Auch Hoffen auf Eingebung und ansonsten vertrauen auf die deutschen Tugenden Planung, Organisationsstärke und Methodik führt selten zum Ziel. Das alles erinnert sehr an die Tschakka-Rufe Leichtgläubiger, die in Erfolgsseminaren nach „anerkannten Methoden" suchen.
Unendlich schwerer, aber in der Wirkung nachhaltiger ist es, die eigene Karriere immer wieder kritisch zu vermessen, sich mit den Koordinaten anderer zu vergleichen und sich im Sinne eines medizinischen Check-up zu analysieren.

Dieser notwendigen Vermessung stehen drei oft unüberwindliche Hindernisse entgegen:

Die Zeitillusion.
Das Fernliegende (Karriereziel) nimmt häufig eine eher unpräzise und intuitive Gestalt ein, das Naheliegende (der aktuelle Job) verlockt mit Präzision und Machbarkeit. Es wird eine Verbindung zwischen der aktuellen Karriere-Performance und der künftigen vermutet: Je weiter in der Zukunft, desto weniger wichtig. Dabei ist es genau umgekehrt, wie wir leicht am Beispiel der Gesundheitsvorsorge erkennen: Einem steigenden Herz-Kreislaufrisiko kann nur heute mit entsprechendem Cardio-Training vorgebeugt werden. Also: Je weiter in der Zukunft das Ziel, desto wichtiger und wahrscheinlich auch weniger aufwändig und effizienter die Maßnahmen heute.

Die Nachdenkbremse.
Dieses Verhaltensmuster tritt gerne auf, wenn man sich zuhause in Selbstreflektion versucht und eine unerwartete (willkommene) Ablenkung eintritt - wie zum Beispiel das Schellen der Türklingel. Folge: Stillstand ohne Bremsweg. Gerne werden solche Unterbrechungen in Kauf genommen, wenn sie helfen, langfristigen und explorativen Gedankengängen auszuweichen. Es ist um ein Vielfaches einfacher, sich kurzfristig mit den Vorbereitungen der aktuell anstehenden Entscheidungen zu beschäftigen oder die operativen Herausforderungen der nächsten Woche zu überdenken.

Die Selbstwahrnehmungslücke.
Die menschliche Neigung, zu behaupten und zu glauben das eine zu tun, und dabei tatsächlich etwas ganz anderes zu machen. Henry Mintzberg hat schon in den 70er Jahren nachgewiesen, dass sich Führungskräfte sehr oft selbst als visionär und strategisch denkend einstufen, sie aber in Wirklichkeit nur sehr wenig Zeit damit verbringen, auch nur Ansatzweise strategienah zu arbeiten.

Die Suche nach den Treibern oder Verhinderern unseres Erfolges führt uns also zunächst zurück zu uns selbst. Wir haben es selbst in der Hand, den Weg für unsere Karriere zu bereiten.