ERFOLG | Was machen außergewöhnlich erfolgreiche Menschen anders?

von Carmen Abraham

Als Personalberater sind wir in der erfreulichen Lage, einige wirklich erfolgreiche Menschen zu kennen und zu begleiten. Nach unserer persönlichen Wahrnehmung denken die Hocherfolgreichen tatsächlich anders, und sie haben eine besondere Haltung zu ihrer eigenen Arbeit:

Wenn IT Marketing Profis von einer Killer Application reden, meinen sie damit ein Software Programm, das so „hype“ ist, das es zum wesentlichen Kern einer Hardware wird. Mit anderen Worten: Anwender kaufen die (teure) Hardware nur, um dieses Programm zu nutzen. (historische Beispiele sind das Rechenprogramm Lotus 1-2-3 für IBM PCs oder das Spiel Pokémon für den Game Boy)

Ist eine Analogie zum Themenfeld „beruflicher Erfolg“ zulässig? Angenommen, es gibt diese eine geniale Kompetenz, mit der eine Karriere unausweichlich wird, wie lässt sie sich am Beispiel außergewöhnlich erfolgreicher Menschen nachweisen? Ist es grundsätzlich für den beruflichen Erfolg wichtig, in einem kleinen Ausschnitt des beruflichen Spektrums etwas außerordentlich gut zu beherrschen, mehr zu wissen als der Durchschnitt, etwas Besonderes zu können? Oder sind außergewöhnlich erfolgreiche Menschen in der Art, wie sie den Herausforderungen ihres Berufslebens begegnen, doch irgendwie anders?

Als Personalberater bin ich in der erfreulichen Lage, einige wirklich erfolgreiche Menschen zu kennen und zu begleiten. Nach meiner persönlichen Wahrnehmung denken die Hocherfolgreichen tatsächlich anders, und sie haben eine besondere Haltung zu ihrer eigenen Arbeit: Erfolgreiche Menschen sind nicht besonders gut in außergewöhnlichen Dingen. Sie sind außergewöhnlich gut in den normalen Dingen! Unabhängig von der erreichten Position, in allen Branchen und Berufsfeldern, durch den gesamten Berufsweg hindurch und auch schon zu Beginn einer besonderen Karriere.

Möglicherweise haben auch Sie selbst schon die Erfahrung gemacht, dass es eher die alltäglichen Themen sind, die zum Erfolg führen:

Erfolgreiche Menschen bestimmen ihren Kalender selbst!

Wenn eine Aufgabe in zwei Wochen erledigt sein soll, wird ein „normal“ erfolgreicher Mensch seinen Aufwand bewusst so einteilen, dass die Aufgabe tatsächlich in zwei Wochen erledigt ist. Außerordentlich erfolgreiche Menschen bestimmen jedoch ihre Zeit und ihren Kalender selbst.

Zeitpläne und Abgabetermine sorgen nur für gefühlte Ordnung, taugen aber eben nicht oder bedingt für die Priorisierung von Aktivitäten. Hocherfolgreiche bewältigen Aufgaben in der Zeit, die tatsächlich notwendig ist. Sie erledigen alles so schnell und effizient wie möglich und wie es das Thema erfordert. In der gewonnenen "freien" Zeit ist Raum für die Bewältigung weiterer Aufgaben oder für den strategisch wichtigen Blick über den Tellerrand. Dauert eine Aufgabe tatsächlich länger, sind Aspekte aufgetaucht, die sich keinem Terminkalender beugen.

Erfolgreiche Menschen akzeptieren ihre Misserfolge und lernen aus ihren Fehlern!

Wenn Menschen gefragt werden, warum sie erfolgreich waren, dann antworten sie in der Regel in der Ichform. Ganz gelegentlich mit einem Wir. Wenn sie nach ihren Misserfolgen gefragt werden, ersetzen sie die Selbstbezogenheit gerne und häufig durch Distanzierung und gehen in die Opferrolle: Das Produkt war das Falsche, der Markt war nicht reif, die Lieferanten konnten nicht liefern. Etwas oder jemand war Schuld!

Ein Reflex, der seinen Ursprung bereits in einem in der Kindheit erlernten Schutzmechanismus finden mag. Schade, denn durch Distanzierung wird dem "Lernen aus Fehlern" der Boden entzogen.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass manche Situationen im Berufsleben völlig unbeherrschbar und damit persönliche Misserfolge unausweichlich scheinen. Aber entsteht Misserfolg nicht an ganz anderer Stelle? Nämlich durch die Haltung, die ein Mensch in Entscheidungssituationen einnimmt? Durch die Angst zu handeln? Jeder erfolgreiche Mensch hat Misserfolge auf seinem Konto. Mehrere. Er hat Mut bewiesen, Fehler zu machen, sie zu akzeptieren und aus den Konsequenzen seiner Fehler zu lernen. Fehler sind eine wichtige Quelle des Erfolges!

Erfolgreiche Menschen treffen Entscheidungen früh!

Sie sind mutig und treffen abgewogene Entscheidungen schon auf der Grundlage von geringem Wissen. Sie sind souverän genug, die Strecke zwischen anfänglich hohen Unsicherheiten und Zweifeln und der letztendlichen Entscheidung mit guten Abwägungen zu überwinden. Während die Chancen einer Fehlentscheidung nach dem Konsequenzmodell von Kristian Kreiner und Sören Christensen anfangs am größten sind, entwickelt sich die Wissensgrundlage bis zum tatsächlichen Treffen der Entscheidung so positiv, dass die Folgen einer noch immer möglichen Fehlentscheidung weit weniger dramatisch sind.

Entscheidungen aufzuschieben, nur weil noch letzte Zweifel bestehen – die wahrscheinlich auch morgen und übermorgen noch bestehen werden – hemmt die Produktivität und verzögert Prozesse. Die Logik der Risikoverteilung bei Entscheidungen bleibt konstant!

Marcel Proust hat das Konsequenzmodell von der anderen Seite sehr treffend beschrieben: „Wir bereuen immer nur das, was wir nicht getan haben!“

Erfolgreiche Menschen überlegen sehr genau, mit wem sie arbeiten oder in ihrem nahen und weiten Netzwerk Kontakt haben!

Mitarbeiterkönnen äußerst anstrengend, Kunden außerordentlich fordernd und selbst enge Freunde enorm selbstbezogene Egozentriker sein.

Das Problem sind nicht die Anderen! Es ist Ihre Entscheidung, mit wem Sie sich in Ihrem Berufs- oder Privatleben umgeben, wer Sie positiv oder negativ beeinflussen darf.

Erfolgreiche Menschen überlegen, mit wem sie arbeiten wollen, welche Kunden sie mit welchen Produkten und Dienstleistungen mit Freude bedienen möchten, welche Freunde sie haben möchten.

Besonders Leistungsorientierte wollen mit Gleichgesinnten arbeiten, weil sie im Austausch auf Augenhöhe Inspirationen finden. Friedliebende suchen andere Friedliebende. Erfolgreiche fühlen sich zu anderen Erfolgreichen hingezogen.

Erfolgreiche Menschen beanspruchen nur den Teil des Erfolges, den sie selbst verantwortet haben!

Der wichtigste persönliche Wertmaßstab Hocherfolgreicher ist der messbare Beitrag ihres Tuns. Anerkennung ist für sie die Folge harter, täglicher Arbeit. Es käme Ihnen nicht in den Sinn, immer in der ersten Reihe zu sitzen, grundsätzlich in der ersten Klasse zu fliegen oder öffentlich für einen Aspekt ihres Handels, ihres Denkens oder gar ihrer persönlichen Werte populistische Aufmerksamkeit zu erheischen. Erfrischend anders als bei einem großen Teil der politischen Amts- und Würdenträger.

Egal, was sie in der Vergangenheit schon erreicht haben, sie sind sich nie zu schade, die Ärmel hochzukrempeln, sich schmutzig zu machen oder schnöde Routinearbeit zu erledigen. Kein Job ist zu unbedeutend, keine Aufgabe zu einfach oder zu langweilig.

Besonders Erfolgreiche erheben keinen leeren Anspruch auf Anerkennung – sie beanspruchen lediglich ihren Anteil an den Früchten ihrer Arbeit.

Erfolgreiche Menschen fokussieren sich auf das Ergebnis ihrer Arbeit!

Zehn Jahre Vertriebsleiter Deutschland - na und? Wen interessiert, wie lange Sie welche Funktion ausüben? Die Dauer und die Rolle besagen gar nichts; Sie könnten trotzdem der erfolgloseste Vertriebsleiter der Welt sein!

Was jedoch interessiert, ist die Anzahl zufriedener Kunden, die Sie gefunden haben und langfristig betreuen. Welche komplexen Kundenanforderungen Sie erfüllt, welche besonderen Hindernisse Sie überwunden und warum Kunden Ihnen vertraut haben. Was Sie persönlich zur Bottom Line beigetragen haben.

Worauf es ankommt, ist, was Sie getan, was Sie erreicht haben. Nicht, welchen Titel Sie tragen. Nicht, wen Sie kennen und nicht, wie viele Jahre Sie schon in dieser Aufgabe sind.

Erfolgreiche Menschen beschreiben, was sie getan und erreicht haben, oft in bescheidenen Worten und ohne den angeberischen Einsatz von Superlativen.

Erfolgreiche Menschen sind bescheiden und doch wirkungsvoll!

Die Hocherfolgreichen wissen, wer sie sind, woher sie kommen und was sie erreicht haben, um dort zu sein, wo sie jetzt sind. Ihre Bescheidenheit entsteht aus der Gewissheit, dass es keine Garantie für Erfolg geben kann.

Aus diesem Wissen entsteht der Anspruch, Höchstleistungen einzufordern, andere führen zu können, in der Lage zu sein, sie anzuleiten und zu Besonderem zu inspirieren. Zu höheren Leistungen anzuspornen als es sich „normal“ Erfolgreiche selbst zutrauen.

Hocherfolgreiche gehen zielbewusst ihren eigenen Weg. Sie verlieren sich nicht in Wettbewerbsrangeleien. Nicht mit dem Vorgänger! Nicht mit den Kollegen! Und erst recht nicht mit dem Rollenverständnis anderer.

In Teamsituationen haben sie ihr Ego im Griff! Sie wissen genau, dass das Team und die Erreichung des Teamzieles wichtiger sind als der eigene Beitrag. Die Primadonna tanzt nur im Ballettsaal!

Erfolgreiche Menschen leisten und bieten bewusst ein Quäntchen mehr!

Abraham Lincoln hat das “normale Maß” einmal klug beschrieben: „If you always do what you always did - you will always get what you always got.”

Das normale Maß an Leistung kann jeder! Hocherfolgreiche gehen darüber hinaus, weil sie einen anderen Blick auf ihre Aufgaben haben. Sie kommen früh! Sie bleiben länger! Sie telefonieren einmal mehr! Sie helfen Kunden mit besonderer Aufmerksamkeit! Sie warten nicht, bis sie gefragt werden, sie bieten an!

Sie sagen ihren Mitarbeitern nicht nur, was sie von ihnen erwarten, sie stehen neben ihnen oder gehen in ihrer Vorbildrolle mit bestem Beispiel voran. Bei all ihren Projekten und Aufgaben überlegen sie jedes Mal, welches Quäntchen mehr das Ganze abrundet. Welch kleine Aufmerksamkeit oder unerwartete Freundlichkeit besonders wertgeschätzt werden könnte. Sie reißen mit und inspirieren.

Diese Haltung unterscheidet und macht unglaublich erfolgreich. Besonders dann, wenn alle anderen nur das Übliche und Erwartete bieten.